Vorstandsmitglied Andreas Kurzer brachte es bei der diesjährigen Klausurtagung auf den Punkt: Die Lebenshilfe braucht Freunde, denn "wer einmal auf Besuch in Werkstätten & Co. war, dem wird es warm ums Herz, der möchte dabei sein … der möchte helfen". Die Lebenshilfe Nürnberger Land hatte auch in den vergangenen Jahren trotz der erschwerten Bedingungen rund um die Pandemie, Quarantänemaßnahmen und Absage fast aller öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen eines: Gute Freunde! Aber nur wenige Möglichkeiten, diese bei der Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung selbst teilhaben zu lassen und noch weniger, neue Freunde und Unterstützer dazuzugewinnen.
Die Führungskräfte der 24 Einrichtungen der Lebenshilfe im Nürnberger Land trafen sich nach zweijähriger Abstinenz wieder zur Klausur mit Vorständen und der Geschäftsleitung. Die dreitägige Tagung im kleinen Örtchen in Zandt war trotz der Idylle des Bayerischen Waldes keine Gelegenheit für Erholung, sondern ein entscheidender Termin für regen Austausch, Verbesserungen und zukunftsträchtige Planung für die der Lebenshilfe anvertrauten Menschen mit Behinderung. Denn neben den Herausforderungen des Krieges, Covid und der Globalisierung gilt es eben für die Schwächsten der Gesellschaft stets einen Weg zu finden, nicht in Vergessenheit zu geraten und die Flagge der Inklusion hochzuhalten.
Vision der Lebenshilfe ist es sich selbst abzuschaffen, einen Grad zu erreichen, an dem die Inklusion vollzogen ist, keine Vorurteile mehr existieren und alle Menschen gleich behandelt werden: Mit all ihren Besonderheiten, Gedanken, Wünschen und Vorlieben. Ein ehernes Ziel, an dem unter anderen die Einrichtungsleiterin des Wohnheims am Haberloh, Hanne Hauck, seit Jahrzehnten festhält: “Wir haben die Pandemie mit hohem Personaleinsatz und Engagement für unsere Betreuten gut überstanden, [...] aber wir hoffen auf mehr Bewerber im Bereich der Pflege und mehr ehrenamtliche Helferinnen und Helfer”. Sie mahnt damit – zusammen mit der Dr. Bernhard Leniger Schule und den Heilpädagogischen Tagesstätten – auch die Politik für mehr Fokus hin zur Aufwertung pflegender und pädagogischer Berufe in der Region.
Während Jürgen Schmitt, Leiter der Moritzberg-Werkstätten in Lauf/Schönberg vor ganz ähnlichen Herausforderungen steht: “Die Folgen der Digitalisierung und Automatisierung hängen unsere Mitarbeiter ab […] wenn wir nicht Schritt halten”. Insofern ist es für die Lebenshilfe von großer Bedeutung, gerade lokal von Branchengrößen wie der EuWe Eugen Wexler GmbH & Co. KG, der ABL GmbH und der MAN Truck & Bus SE zählen zu können, was die langjährige kollegiale Zusammenarbeit betrifft. Den Menschen mit Behinderung erlauben die selbstlosen Kooperationen in einer Art und Weise Schritt zu halten, wie es in der freien Wirtschaft anders nicht möglich wäre – inklusive Grundsicherung, Wohnmöglichkeit und Selbstverwirklichung bis ins Rentenalter.
Norbert Hanke, seit über 40 Jahren Leiter der Interdisziplinären Frühförderung, sieht im Angesicht der herausfordernden Zeit hingegen mithilfe der neben Lauf 2022 in Hersbruck eröffneten Außenstelle und der immer weiter ausgebauten Kooperation mit dem Reittherapiezentrum in Lauf/Schönberg guten Zeiten entgegen. Der Blick auf eben jene jungen, von Behinderung bedrohten Menschen – von AD(H)S, Aufmerksamkeitsstörung bis Mangel an Selbstvertrauen, Motorik, Aussprache oder weitergehender Behinderung – wurde in den vergangenen Jahren geschärft und die Lebenshilfe Nürnberger Land nahm sich der Herausforderung organisatorisch und personell gekonnt an. Wobei auch hier dankenswerterweise vonseiten der Träger des Landkreises, der mittelfränkischen Regierung, Aktion Mensch und institutioneller wie privater Unterstützer – von der Stiftung Nürnberger Versicherung, der Sparkasse Nürnberg bis hin zu Starfriseur Marcel Schneider – eine breite wie nötige Unterstützung erfolgte.
“Unsere Mitarbeiter, ob mit oder ohne Behinderung, sollen auf der Lokomotive der Digitalisierung vorne mit dabei sein, statt abgehängt am Gleis stehenzubleiben”, bestätigt Lebenshilfe-Vorstand Gerhard John die Projekte seiner Einrichtungsleitungen. Von der Verantwortung im Internet, der Nutzung von sozialen Medien, oder der Teilnahme an Videokonferenzen – das digitale Wissen und Können sind elementare Bausteine, wenn es um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht. Dazu werden unter anderem vom Berufsbildungsbereich in Lauf bis zur Inklusiven Wohnwelt in Altdorf nicht erst seit der Pandemie Kurse und Fortbildungen in einfacher Sprache angeboten. Was dabei nicht verwundert: Gerade bei der Verwendung von kurzweiligen Unterhaltungsmedien wie TikTok, Instagram oder dem eGaming können Menschen mit Handicap auch ihren Betreuern noch viel beibringen.
Alles in allem ruht sich die Lebenshilfe Nürnberger Land nicht auf Ihrem Weg zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung aus: Nachhaltige Ziele werden trotz in diesen Zeiten knapper werdender Mittel weiterhin entschieden verfolgt, neue Mitarbeiter herzlich willkommen geheißen und gefördert, langjährige Kooperationen in die Zukunft getragen. Kurzum: Als Fachverband und Sozialunternehmen stellt sich die Lebenshilfe in der Region den Herausforderungen mithilfe großer Erfahrung durch den ehrenamtlichen Vorstand und der Geschäftsführung durch Dennis Kummarnitzky, der neuen Ausgangslage Herr zu werden und alles Erdenkliche zu unternehmen um weiterhin als hoffnungsvoller Ausblick für die Schwächsten und damit Anker der Gesellschaft zu fungieren.