VORKÄMPFER FÜR MENSCHLICHKEIT

(Archivbild zeigt Günther und Ilse Lang und Lebenshilfe-Vorsitzenden Gerhard John. Bei der Jubiläumsjahreshauptversammlung 2019 in Altdorf wurde Lang für seine Verdienste für Menschen mit Behinderung mit der Ehrenmitgliedschaft der Lebenshilfe Nürnberger

Die Lebenshilfe-Familie trauert um ihr Ehrenmitglied Günther Lang, der im Alter von 85 Jahren verstarb.



“Die Lebenshilfe-Familie trauert um Günther Lang. Er war wahrlich ein Vorkämpfer für Menschlichkeit und Pionier der Geistigbehindertenarbeit im Nürnberger Land. Gerne hätten wir zusammen mit Günther Lang die Fusion der beiden Vereine gefeiert, wenn sich diese 2023 zum fünfzigsten Mal wiederholt”, so Lebenshilfe-Chef Gerhard John.



(Archivbild zeigt Günther und Ilse Lang und Lebenshilfe-Vorsitzenden Gerhard John. Bei der Jubiläumsjahreshauptversammlung 2019 in Altdorf wurde Lang für seine Verdienste für Menschen mit Behinderung mit der Ehrenmitgliedschaft der Lebenshilfe Nürnberger Land gewürdigt.)

Geistigbehindertenarbeit – Wurzeln in Altdorf

Günther Lang gehörte zu jenen acht Pionieren aus dem Nürnberger Land, aus Altdorf, die Mitte der 1960er Jahre nicht hinnehmen wollten, dass Kinder mit geistiger Behinderung weder einen Kindergarten noch eine Schule besuchen durften.

„Von staatlicher Seite gab es auch Mitte der 1960er Jahre keine Hilfen oder Förderangebote für geistig Behinderte – Eltern waren auf sich gestellt“, erinnerte sich Günther Lang, damals Lehrer in Eismannsberg, in einem Interview, das wir 2015 mit ihm führten.

Damals, jährte sich zum fünfzigsten Mal die Gründung des Vereins zur Förderung des geistig behinderten Kindes – der Vorgänger unserer heutigen Lebenshilfe Nürnberger Land; 1973 fusionierte der Altdorfer Verein mit der Lebenshilfe Lauf-Hersbruck.

Als Günther Lang 1964, mit Mitte Zwanzig, seine Stellung als Lehrer in Eismannsberg antrat, war dies nicht nur der Anfang einer großen Karriere, sondern auch der Anfang einer großen Bewegung für Menschen mit Behinderung im Landkreis. Schon früh zeigte sich, dass sein Beruf für ihn eine Berufung war.

Erinnerungen beim Lichtmessgespräch 2020 

Dem jungen Lehrer Lang vertrauten Eltern auch ihre Sorgen an: „Es gab wenig Verständnis aus der Gesellschaft – Eltern von Kinder mit geistiger Behinderung mussten oft einen wahren Spießrutenlauf hinter sich bringen. In Bayern gab es für geistig behinderte Kinder in den beiden Nachkriegsjahrzehnten weder Kindergarten noch Schulplätze.“ Es waren wirklich „schwere Zeiten für die Familien“, so Lang in seinen Erinnerungen beim Lichtmessgespräch 2020 der Altstadtfreunde.

„Das war eine Zeit, in der sich Eltern von geistig behinderten Kindern oft für ihre Kinder geschämt, diese sogar versteckt hatten.“ – Als Lang seine Erinnerungen schilderte, hielt er stets inne. In seinen Ausführungen fand er stets deutliche Worte für die gesellschaftliche Stimmung der 1960er Jahre: „Die Öffentlichkeit nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war noch sehr durchwachsen vom Gedankengut des Nationalsozialismus. – Ich denke nur an schlimme Begriffe wie 'lebensunwertes Leben'. Das hat uns damals manche Schwierigkeiten bei der Organisation und Finanzierung derer Behindertenhilfe in den 1960er Jahren gemacht.“

Und immer wenn sich Lang an die Anfänge der Behindertenarbeit in Altdorf, im Landkreis, erinnerte, war auch ein sehr persönlicher Schicksalsschlag mit diesen Gedanken verbunden. Die Behindertenarbeit war ihm wichtig. Und diese habe ihn über den frühen Tod seines ersten Kindes Christian geholfen habe. „Dafür bin ich dankbar!“, betonte er. Dass heute sein Enkel Christian (er trägt den gleichen Namen, wie der früh verstorbene Sohn des Ehepaars) wohl seine Gene habe und jetzt bei der Erlanger Lebenshilfe tätig sei, gefalle ihm sehr. Und er versäumte nie, seiner Ehefrau Ilse zu danken: „Ein solches Engagement könne man nicht neben dem Beruf machen“, so Langs Worte. Eine starke Partnerin, eine Familie, sei dafür die Basis. Und immer wieder, wenn Günther Lang über sein Leben und Lebenswerk, sein Engagement erzählte, dankte er Ehefrau Ilse herzlich für deren Unterstützung.

Pfarrersfrau war Triebfeder

Die Idee der Lebenshilfe im Nürnberger Land, die Förderung für Menschen mit geistiger Behinderung, hat ihre Ursprünge in Altdorf.

Günther Lang war einer von acht Gründungsmitgliedern des am 15. März 1965 aus der Taufe gehobenen „Vereins zur Förderung für das geistig behinderte Kind im Landkreis Nürnberg“.

Triebfeder zur Vereinsgründung war die Frau des damaligen Altdorfer Pfarrers, Aroldine von Zitzewitz, selbst Mutter eines Kindes mit geistiger Behinderung. Weitere Gründungsmitglieder waren Dekan Fürle, Bürgermeister Späth, die Stadt-/Kreisräte Hummel und Reichinger, der Landtagsabgeordnete Weißkopf, Kreisbäuerin Link und Lehrer Lang.

Die Selbsthilfeidee infizierte rasch Betroffene im Landkreis und gewann viele Förderer und Freunde. Das Amtsgericht unterstützte den Verein mit Bußgeld-Zuwendungen, Vereine und Stammtische regten

Spendeninitiativen an, andere übernahmen Hilf- und Fahrdienste. Der damalige Stadtkämmerer Groß übernahm das Amt des Kassiers – „eine wahrliche Herausforderung“, erinnert sich Lang.

Nachhaltige Idee

Immer mehr Eltern schlossen sich an. Erfolgreich half der Verein vielen Familien und bereitete die Kinder mit früherer Förderung und lebenspraktischem Unterricht aufs Leben vor: „Mehr als 30 Schüler und eine schulvorbereitende Einrichtung gehörten schon nach dem ersten Gründungsjahr zum Angebot des Vereins.“

Eine besondere Arbeit leisteten die beiden Heilpädagoginnen Else Wollbold und Renate Kriebel. Beide waren tätig in der Tagesbildungsstätte für geistig behinderte Kinder in Altdorf, damals die erste dieser Art in Bayern.

Auch der noch heute monatlich stattfindende Altdorfer „Elternstammtisch der Lebenshilfe“ geht auf diese Ursprünge zurück.

Ehrenmitglied seit 2019

Für seine großen Verdienste um das Wohl von Menschen mit Behinderung wurde Günther Lang in der Jubiläumsjahreshauptversammlung 2019 zum Ehrenmitglied ernannt. Lebenshilfe-Vorsitzender Gerhard John würdigte ihn in seiner Laudatio als Vorkämpfer für Menschlichkeit, als einen großen Lebenshelfer, einem Vorbild und Macher.

Das größte Geschenk seien für Günther Lang immer die Errungenschaften für Menschen mit Behinderung gewesen. Bei seiner Ehrung 2019 wünschte er "seiner" Lebenshilfe weiterhin Erfolg und ein Miteinander, wie in den Pionierjahren.

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