Ich-Zeit für die Eltern

Regina Fritsch, Einrichtungsleiterin des Familienentlastenden Dienstes, korrigiert Finns Körperhaltung beim Bogenschießen. | Foto: Stefanie Camin

Dieser Bericht ist aus der Serie "24 Stunden, 24 Unternehmen im Nürnberger Land" der PEGNITZ-Zeitung.

In dieser Serie stellen wir 24 regionale Betriebe aus unterschiedlichen Branchen vor. Jedes Unternehmen bekommt dabei eine Stunde, und das acht Wochen lang; jede Woche drei Firmen.

Die Stunde zwischen 21 und 22 Uhr gehört heute dem Familienentlastenden Dienst (FED) der Lebenshilfe im Nürnberger Land. Der lange Name steht dabei für eine liebevolle Betreuung von Behinderten – ob bei ihnen daheim im Rahmen der häuslichen Betreuung oder, wie heute, bei einem Ausflug. Die Pyjama-Party im Jugendtreff Gleis 3 in Eschenau ist in vollem Gange; junge Menschen mit und ohne Behinderung feiern hier gemeinsam. Was der FED noch alles anbietet, lesen Sie hier.

21 Uhr

Lauf. 21 Uhr. Heute feiern die Gäste des Jugendtreffs Gleis 3 in Eschenau eine besondere Party, denn alle tragen einen Schlafanzug. Die Gäste der Pyjama-Party, das sind Menschen mit und ohne Behinderung. Oder, wie Regina Fritsch es schmunzelnd ausdrückt: „Jeder von uns hat Einschränkungen; der eine spinnt etwas lauter, der andere etwas leiser.“ Die 41-Jährige ist die Einrichtungsleiterin des Familienentlastenden Diensts (FED) der Lebenshilfe im Nürnberger Land.

Gemeinsam mit fünf angestellten Mitarbeitern und 60 ehrenamtlich Engagierten betreut sie Behinderte zu Hause und bietet ein gigantisches Freizeitangebot für jedes Alter, Interesse und für fast alle körperlichen wie geistigen Voraussetzungen.

Eines der Angebote ist die besagte Pyjama-Party, auf die sich einige mit schön frisierten Haaren und teilweise geschminkt ganz besonders vorbereitet haben. Und dann geht der Spaß los: geselliges Beisammensein, Tischfußball, Billard, essen und viel gemeinsames Lachen erwartet die Gäste der Feier.

Ich-Zeit für die Eltern

Belinda Oppel (vorne) und Angela Onofrasch haben bereits bei der Vorbereitung auf die Pyjama-Party viel Spaß. | Foto: Stefanie Camin

Ein behindertes Kind zu haben, wirbelt für die meisten Eltern das ganze bisherige Leben durcheinander. Neben der Schuldfrage („Was hätte ich in der Schwangerschaft anders machen können?“) kommt auf die Familien eine immense Belastung zu, und das in sozialer, finanzieller und zeitlicher Hinsicht.

Zumindest beim zeitlichen Aspekt kann der FED der Lebenshilfe die Eltern im Rahmen der häuslichen Betreuung unterstützen. Die Betreuer kommen zum Behinderten nach Hause und kümmern sich um ihn, während seine Eltern eigene Arzt-Termine wahrnehmen oder sich eine kurze Auszeit gönnen können.

Für die Eltern wie auch für die Behinderten selbst ist dies oft ein großer Schritt: Häufig haben die teilweise erwachsenen behinderten Menschen jahrelang abgeschottet von der Außenwelt gelebt; und dann kommt da „plötzlich eine fremde Person ins Wohnzimmer, und will „Mensch ärgere Dich nicht“ spielen.

„Wir sind oft der erste Schritt im Loslöse-Prozess“, weiß Regina Fritsch aus Erfahrung. Der „Vertrauensvorschuss“, eine fremde Person ins eigene Heim zu lassen, entpuppt sich allerdings für gewöhnlich als richtig: „Das ist das Beste, das wir machen konnten“, bringen viele Eltern ihre Erleichterung auf den Punkt.

Offene Behindertenarbeit

Ein weiteres Angebot der Lebenshilfe im Nürnberger Land ist die offene Behindertenarbeit.

Alle möglichen Freizeit- und Ferienprogramme von Bowling über Tretbootfahren bis zum Wandern lassen keine Wünsche übrig.

Zu den regelmäßigen Events gehören unter anderem inklusive Angebote im Jugendtreff Gleis 3 wie die Pyjama-Party oder Gruppen, die gemeinsam in die Kneipe, in die Disco oder zum Sport gehen.

Junge Damen ab zehn stehen auf den „Mode & Beauty“-Nachmittag mit Nägeln lackieren und schminken. „Wasserwellness“ richtet sich in vier Gruppen an die unterschiedlichen Schwimmkünste: Von der Gruppe 1 für Schwimmer bis zur Gruppe 4 für schwerbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die einer besonderen Unterstützung bedürfen. „In dieser Gruppe habe ich einen hochgradig spastischen Jungen im Boot auf dem Happurger Baggersee einfach nur gehalten. Durch die leichte Bewegung des Bootes hat er sich so entspannt, wie ich ihn vorher noch nicht erlebt hatte“, schwärmt Regina Fritsch von einem Erlebnis.

Gemeinsam mit dem Hospizteam Nürnberg hat die Lebenshilfe einen weiteren, ganz besonderen Treff ins Leben gerufen: Kinder, deren Geschwister behindert oder todkrank sind, müssen oft besonders viel Rücksicht nehmen und zurückstecken. In diesem Rahmen können sie offen über ihre Belastung reden („Darf ich auch mal sauer sein auf meinen behinderten Bruder?“), mit anderen Gleichgesinnten ungezwungen spielen und Spaß haben. Die Nachfrage war so groß, dass die Kinder und Jugendlichen inzwischen auf zwei Gruppen aufgeteilt sind.

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