SCHÖNBERG – An der Dr.-Bernhard- Leniger-Schule endete mit dem Schuljahr eine Ära: Erwin Janko geht nach 24 Jahren als Rektor in den Ruhestand. Wir haben mit dem 64-Jährigen über die Entwicklung und die Bedeutung der Lebenshilfe-Schule in Zeiten der Inklusion gesprochen.
Fast 40 Jahre an derselben Schule, davon 24 Jahre Rektor – Ihnen scheint es gut gefallen zu haben in Schönberg.
Erwin Janko: Natürlich habe ich hin und wieder überlegt, ob ich für mich selbst und auch für die Leute um mich herum mal wechseln sollte (schmunzelt), aber letztlich gab es dafür keinen Grund. Neben der Sacharbeit waren es in erster Linie die Menschen hier, die meinen Beruf so angenehm gemacht haben.
Sie haben die Sacharbeit angesprochen. Was meinen Sie damit?
Mein Aufgabenbereich war unglaublich vielfältig. Ich möchte den Wert keiner Schule schmälern, aber an einem Förderzentrum mit dem Schwerpunkt „Geistige Entwicklung“ sind die Kinder vermutlich am heterogensten. Vom schwerstbehinderten Kind, das ganz basale Dinge benötigt, über körperbehinderte Kinder, Autisten, Schüler mit kognitiven und sozialen Beeinträchtigungen bis hin zu Schülern im Grenzbereich, die sinnerfassend Texte lesen lernen.
Außerdem muss ein Rektor heute nicht nur Pädagoge, sondern Klempner, Buchhalter und Bausachverständiger sein(lacht).
Seit Deutschland 2009 die UN Behindertenrechtskonvention ratifiziert hat, haben Kinder mit Behinderung das Recht, eine Regelschule zu besuchen. Wie haben sich seitdem die Schülerzahlen in Schönberg entwickelt?
Wir haben knapp über 100 Schüler, der Höchststand waren 125, in den 2000er-Jahren hatten wir einen leichten Rückgang zu verzeichnen. Für das kommende Schuljahr sehen wir allerdings einen deutlichen Anstieg.
Woran liegt das?
Es kommen viele „Seiteneinsteiger“ zu uns.Also ältere Schüler,die hier ihre Berufsschulpflicht erfüllen, da wir eine Berufsschulstufe anbieten. Wir registrieren, dass Inklusion in den Regelschulen mit zunehmendem Alter und Leistungsanspruch schwieriger wird. Was im Kindergarten und in der Grundschule noch gut funktioniert, wird in der Mittelschule, wenn die Kinder in die Pubertät kommen, problematischer.
Glauben Sie, dass es angesichts der Inklusionsbemühungen die Lebenshilfe-Schule in 40 Jahren noch geben wird?
Das hängt zum einen davon ab, wohin die bayerische Bildungspolitik geht. Derzeit haben die Eltern zwar die gesetzlichen Möglichkeiten, ihr Kind in eine Regelschule zu schicken, aber es gab keine echte Schulreform. Und dann kommt es darauf an, wie Eltern die verschiedenen Angebote wahrnehmen. Die Umsetzung ist vor Ort sehr unterschiedlich. Im Nürnberger Land ist die Tendenz zur Inklusion tatsächlich stark ausgeprägt.
Unser mobiler Dienst betreut 20 Kinder an Regelschulen, die dem Förderbedarf eines Förderzentrums entsprechen. Wichtig ist mir zu sagen, dass für eine inklusive Beschulung „ein bisschen Motivation und guter Wille“ bei allen Beteiligten eben nicht reichen.
Wie oft sitzen Eltern vor Ihnen,die sich nicht sicher sind, welche Schule die richtige für ihr Kind ist?
Die Beratungsarbeit war immer schon intensiv, aber natürlich haben die Eltern jetzt mehr Möglichkeiten. Wir sagen,was wir als Schule leisten können, aber auch, wo unsere Grenzen sind.
Wie stellen Siesich persönlich das ideale Modell für die Zukunft vor?
Man muss sich auf den Weg machen, ohne gleich alles auf einmal umsetzen zu wollen. Ich würde mir ein Förderzentrum als eine Art „Poliklinik“ wünschen, als eine Schule,die eng und über kurze Wege mit anderen Einrichtungen verzahnt ist. So könnten Kinder mit Behinderungen, ihre Stärken entsprechend, auch andere Einrichtungen besuchen. Da würde der Förderbedarf gar nicht mehr so auffallen. Dazu wäre aber noch mehr Flexibilität nötig.
Das Interview führte Stefanie Buchner-Freiberger, Redakteurin der Pegnitz-Zeitung.