Der erste Schultag, die Schultüte, der Ranzen – eben alle damit verbunden Eindrücke, bleibt ein Meilenstein in den Lebenserinnerungen des Kindes, ja für die Familien. Doch nicht jedes Kind tut sich mit dem neuen Lebensabschnitt leicht, weiß Philip Minkenberg. Das sind etwa Kinder mit Aufmerksamkeitsdefiziten (ADHS), schüchterne Kinder oder Kinder mit Entwicklungsverzögerung.
„Für einige Kinder endet die Phase zwischen Frühförderung und Schule einfach zu abrupt“, erzählt Minkenberg, der im letzten Jahr über 50 Kinder beim Übertritt in ihren neuen Lebensabschnitt erfolgreich begleitet hat.
Der Heilpädagoge der Frühförderung der Lebenshilfe Nürnberger Land ist sowas wie ein persönlicher Coach für das Kind. Vor knapp zehn Jahren startete die Lebenshilfe Nürnberger Land das Angebot, das zunächst durch die Aktion Mensch und inzwischen vom Bayerischen Sozialministerium gefördert wird.
Nach vielen Jahren als „persönlicher Coach“ weiß Philip Minkenberg, wie wichtig ein guter Start in diesen neuen Lebensabschnitt ist. Ein Angebot mit Hilfestellung und Lösungen für Eltern und Kind bei Fragen, „Wie kann ich meinen Linkshänder ‚organisieren‘?“, „wie kann ich mit meinem Kind üben oder mit ihm den besten Schulweg trainieren?“
In kleinen Einheiten, im Einzelcoaching oder auch in Gruppen mit bis zu fünf Kindern, übt der Schulstarthelfer beispielsweise mit dem Kind spielerisch Schule und das, was ein Schulkind ausmacht, nämlich Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Arbeitsorganisation.
Auch Mama und Papa unterstützt er, zeigt den Familien, wie sie im häuslichen Umfeld ihr Kind fördern können, statt zu überfordern oder wie ein guter Lernplatz aussieht.
Inzwischen ist Schulstarthelfer Minkenberg mit vielen Schulen im Landkreis sehr gut vernetzt: von den über 30 Schulen betreut er ab diesem Schuljahr Kinder an 21 Grundschulen.
Beim offenen und gemeinsamen Dialog übernimmt er eine moderierende Rolle zwischen den Beteiligten. Fragen zur Schulwahl, also ob Regel- oder Förderschule, stehen hier beim gemeinsamen Dialog mit Eltern, Kind und Schule im Fokus.
„Für die Schule ist ein offener Umgang zur Aufmerksamkeits- oder Lernschwäche des Kindes oft essenziell. Die LehrerIn kann so ganz anders im Unterricht auf das Schulkind eingehen“, sagt Philip Minkenberg und betont: „Es gilt vor allem, für das Kind die bestmögliche Unterstützung im Schulalltag zu finden.“
Dabei helfen Philip Minkenberg seine Erfahrungen aus der Förderung mit dem Kind, aber auch die Einschätzung der TherapeutInnen der Frühförderung: „Es gilt so, Lernschwierigkeiten zu vermeiden und die Eltern und Lehrkräfte zu einem lösungsorientierten Dialog an den Tisch zu bringen. Das Wohl aller ist immer, ehemaligen Frühförderkindern den Start in das Schulleben etwas einfacher zu machen.“
Deshalb wird das Kind beim Angebot der Lebenshilfe stets in seine persönliche Zukunftsplanung beim Schulstarthelfer-Konzept der Lebenshilfe einbezogen. Inklusion bedeute nicht automatisch Regelschule, sondern, dass sich das Kind in seinem schulischen Umfeld wohlfühlt. Keinesfalls stigmatisiere man das Kind, wenn man die Schule schon vor der Einschulung „ins Boot“ hole und auch die Kita des Vorschulkinds einbezieht. – Das Gegenteil sei der Fall, sagt Minkenberg: „LehrerInnen können so ganz anders reagieren, sich auf die Situation einstellen, den Schulstart mit Eltern und Schulstarthelfer gemeinsam vorbereiten.“
Im Schulstart-Angebot der Frühförderung sehen längst die, von Minkenberg betreuten Schulen viel Potenzial, weil es die Chancengleichheit aller SchülerInnen fördert.
In der Regel beginnt Philip Minkenberg angehende ABC-Schützen aus der Frühförderung ab dem Frühjahr, also vor Schulstart, auf ihre neue Situation vorzubereiten und für die Schule zu motivieren.
Nach dem Schulbeginn können Familien das kostenfreie „Schulstarthelfer-Angebot“ weiter in Anspruch nehmen, etwa in Form von Beratungsgesprächen, Fragen zur Hausaufgabensituation und Vermittlung zu weiteren Hilfeangeboten im Nürnberger Land.
„Frühförderkinder sind oft ‚Spätzünder‘, brauchen länger, sich an neue Situationen zu gewöhnen“, erläutert der Schulstarthelfer. Zu gut weiß er, jedes Kind, jede Situation ist anders. Ein Kind begleitet er nur wenige Wochen, ein anderes Kind vielleicht sogar über das gesamte erste Schuljahr hinweg.
Die Schulstarthilfe der Frühförderung ist maßgeschneidert. „Das Kind, dessen Stärken und Schwächen, kenne ich in der Regel bereits persönlich aus der Frühförderung und aus unserem interdisziplinären Team von Ergo- und Logopäden, Sozialpädagogen oder Psychologen.“
In diesem Jahr freut sich Philip Minkenberg darauf, zum ersten Mal persönliche Erfahrungen als Papa mit dem Schulstart zu machen. Sein Sohn Theodor wird heuer eingeschult. Sicher kann auch Theodor von Papas bisherigen Erfahrungen rund um Schulstart profitieren. Doch auch umgekehrt freut sich Minkenberg, auf die eigene Eltern-Erfahrung: „Das wird meine Arbeit als Schulstarthelfer sicher positiv bereichern.“